Dorada kommt aus einem schönen Aufzuchtstall und hat ihre ersten drei Lebensjahre mit anderen Stuten in einer Herde verbracht. Ihre Besitzerin A. hat sie sich selbst ausgesucht, obwohl diese eigentlich gar kein Pferd für sich suchte, es war Liebe auf den ersten Blick. Leider ging dem ersten Jahr bei A. ziemlich viel schief für Dorada, unter anderem stand sie eines Tages mit gerissener Beugesehne auf der Koppel. Sie konnte erfolgreich operiert werden und wird sogar zum Freizeitpferd ausgebildet, zeigt sich aber äußerst ängstlich und fluchtbereit.
Tierkommunikation mit Dorada
Dorada nähert sich mir vorsichtig. Sie ist zwar neugierig, aber auch verschüchtert. Sie wirkt gehemmt auf mich. Ich spüre aber, dass sie vom Charakter her eigentlich aufgeschlossen und freundlich ist.
Was hat dich denn so eingeschüchtert?
„Es werden viele Anforderungen an mich gestellt. Ich kann nicht allem gerecht werden. Ich gerate oft in Schwierigkeiten. Es gibt immer Probleme mit mir.“
Sie wirkt einsam, noch nicht anerkannt, noch nicht richtig angekommen, die „Neue“,…. die „kleine“, „der Unglücksvogel.“
Sie zeigt mit eine Schimmelstute, mit der sie zusammen steht. Und dann noch eine zweite Stute, die auch eine helle Farbe hat, aber kein Schimmel ist (ein Falbe). In der Entfernung sehe ich noch ein dunkles Pferd, einen großen Wallach. Die Pferde stehen in einer gewissen Entfernung zu ihr, es scheint keine echte Freundin dabei zu sein. Sie zeigt mir ihren Paddock und eine Koppel, die Anlage wirkt sehr weitläufig und hügelig.
„Es ist sehr schön hier. Aber irgendwie bin ich noch immer nicht zuhause hier. Es war sehr schwer für mich, als ich neu zu meinen Besitzern gekommen bin. ich fühlte mich sehr einsam und war voller Angst. Dort hatte ich Herde, bei ihnen war ich die Neue. Es war ein Schock für mich. Ich habe mich öfters verletzt.
Ich kam zu meinen jetzigen Besitzern und dann begann das Ende meiner Jugend. Ich war bei den Pferden die Neue und die Arbeit mit den Menschen fing auch an. Es war schwer für mich, das alles zu schaffen, ich war sehr unsicher. Ich fand, dass ich zu schnell zu viel lernen musste. Alle wollten etwas von mir! Irgendwann verletzte ich mich schwer. Dadurch wurde alles erstmal noch schwerer.“
(Die Besitzerin erzählte mir nachher, dass Dorada in den ersten Wochen von einer anderen Trainerin trainiert wurde, die sich dabei nicht zusehen ließ.)
Was ist am 31.03.2016 mit dir passiert, der Tag an dem deine Sehne gerissen ist?
„Ich bin auf der Koppel galoppiert und kam ins Rutschen (zeigt mir mehrere Pferde, die mit ihr sehr schnell galoppieren). Ich wurde gejagt. Ich hatte große Angst. Dann wurde mir der Weg abgeschnitten. Ich wurde von einem Pferd ins Hinterbein getreten. Es hatte Hufeisen, es tat sehr weh. Ich konnte dann nicht mehr laufen. Ich war sehr verletzt und kam in eine Klinik.
Am Anfang ging es mir wirklich gar nicht gut bei A.. Ich habe mein altes Zuhause vermisst. Ich wurde nicht anerkannt und nicht gut behandelt.“
Bist du denn jetzt – nach dem Stallwechsel – zufrieden mit deinem Alltag?
„Ja, es geht mir jetzt besser. Die letzte Zeit war etwas langweilig, weil wir nicht so viel rauskommen. Das ist der Winter. Aber ich fühle mich jetzt besser als in der ersten Zeit.
Meine Besitzerin ist sehr gut zu mir. Ich mag sie sehr. Aber sie macht sich viele Sorgen um mich. (Zeigt mir eine schlanke Frau mit kurzen dunkelblonden Haaren). Das tut mir leid. Ich bin ein Problempferd, glaube ich.
Meine Ausbilderin ist fair zu mir und ich mag sie. (zeigt mir eine blonde Frau mit längeren Haaren und einer hellen Stimme). Sie bringt mir alles bei, was die Menschen mit mir machen möchten. (Zeigt mir Westernsattel, Westerntrense.) Sie fordert mich auch ziemlich. Manchmal stresst es mich auch.
Ich fühle mich noch immer nicht richtig zuhause hier. Es sind so viele Dinge passiert, die mich aufgeregt und mir wehgetan haben. (Tierklinik, Arzt, OP, Fahrten). Ich habe mich oft allein gefühlt und hatte Angst. Oft habe ich das Gefühl, etwas stürzt auf mich ein.“
Warum versetzen Dich Autos, Traktoren usw. und neue Dinge so in Panik?
Alles was neu und laut ist, beunruhigt Dorada sehr. Sie fühlt sich schnell gefährdet und glaubt, nicht in Sicherheit zu sein.
Sie fürchtet sich vor Angriff von außen und vor Überforderung. Ihr Nervensystem ist bei unvorhergesehenen Dingen wenig belastbar. Ich fühle in ihr eine gebundene Panik und Unruhe, die jederzeit ausbrechen kann, wie ein Vulkan. Ihr Urvertrauen wurde erschüttert.
Sie ist eigentlich eine aufgeschlossene und arbeitswillige Stute. Aber der Verlust ihres ersten Zuhauses und die negativen ersten Erfahrungen in ihrem neuen Zuhause haben sie tief verstört. Der Schreck sitzt noch immer in ihrem Zellgedächtnis.
Da Dorada arbeitswillig ist, fällt vielleicht nicht so auf, wie sehr sie alles geistig und nervlich anstrengt. Aber sie ist seelisch stark beansprucht, auch durch ihre neue Aufgabe als Reitpferd. Sie möchte alles richtig machen, sie möchte gern so sein, wie die anderen Pferde und von den Menschen anerkannt und geliebt werden. Aber der Schreck und der Schock steckt ihr noch in ihrer Energetik.
Dazu kommt, dass sich Dorada einsam und angreifbar fühlt. Dadurch kommt auch immer wieder der Fluchttrieb hoch, denn sie fühlt sich schnell existentiell bedroht. Vor allem, wenn ihre Reiterin auch unsicher ist.
Was hat Dich am 30.12. in der Reithalle so in Panik versetzt?
Dorada übermittelt mir ein Gefühl, dass sie in der Reithalle nicht gern ist. Vor allem nicht allein. Dass sie immerzu nach draußen lauscht. Dass es darin zwar nicht dunkel ist, aber eine seltsame Atmosphäre herrscht. Ich forsche weiter nach. Dann zeigt sie mir ein Bild, wie jemand auf ihr reitet, ein junges Mädchen, es ist nicht Doradas Besitzerin. Dann sehe ich, wie Dorada losrennt und ihre Reiterin stürzt.
„Es war mir alles zuviel“ lautet Doradas Antwort. Einen äußeren Anlass nennt sie mir nicht. (Die Besitzerin bestätigt das. Dorada wurde danach auch erstmal nicht mehr geritten.)
Wie wünschst Du Dir das weitere gemeinsame Leben mit deiner Besitzerin?
„Ich würde es gern haben, dass ihr mich bei meinem richtigen Namen nennt. Ich bin nicht Dorada, ich bin Gloria (Dorada war umbenannt worden) . Ich möchte, dass ihr mir Zeit gebt um alles zu lernen. Bitte überfordert mich nicht. Ich brauche länger für alles als andere. Ich möchte weniger Angst haben. Das ist auch für mich schrecklich.
Ich wünsche mir, dass ich mich hier heimischer fühle. Ich möchte eine Freundin haben. Vielleicht kann meine Besitzerin auch meine Freundin sein? Dann müsste ich aber auch mal entscheiden können und sie müsste mir auch zuhören. Ich möchte mich im meiner Herde sicher und geborgen fühlen. Ich möchte in der Nähe von einem anderen Pferd, dem ich vertraue, alles lernen, was ihr von mir möchtet. Ich fand, dass ich zu schnell zu viel lernen musste. Alle wollten etwas von mir!“
Nachtrag: Doradas Besitzerin hat den Umgang mit ihrem Pferd verändert, begonnen, die Ausbildung selbst in die Hand zu nehmen und vor allem viel auf Beziehung und Vertrauensaufbau gesetzt. Ihre Stute dankte es ihr mit Anhänglichkeit und Entspannung.
(Name und Foto wurden zum Schutz der Privatsphäre geändert)