„Können Sie ihm bitte mal sagen, dass er damit aufhören soll?“

Von der Tierkommunikation für aggressive Hunde und ihre häufig unentschlossenen Besitzer.

Wenn der Hund leinenaggressiv ist oder gar schnappt und beisst, versuchen immer häufiger die gestressten Herrchen oder Frauchen das Problem mit einer Tierkommunikation zu lösen.  „Man liest soviel Tolles über Tierkommunikationen, sicher kann der Tierkommunikator auf meinen Hund einwirken, so dass er versteht, dass er nicht beissen/ bellen/ anspringen darf…“ denken manche dieser Hundebesitzer. Andere wiederum hoffen, dass sie durch die Tierkommunikation erfahren, was in dem Hund vor sich geht, wenn dieser bellt, beisst, randaliert.  Bei Hunden aus dem Tierschutz mag auch die Vergangenheit eine wichtige Rolle gespielt haben. „Was hat mein Hund früher erlebt, dass er so schnell aggressiv wird?“ fragen sich diese Tierfreunde.

Was ist denn nun möglich mit Tierkommunikation „wenn mein Hund beißt“ ?

Hierzu ist es wichtig zu sehen, dass die Hunde-Mensch-Beziehung in all ihrer Komplexität von Tierkommunikatorinnen meist anders, umfassender betrachtet wird, als dies Tiertrainern in der Kürze der Trainingszeit möglich ist.

Tiertrainer trainieren unerwünschte Verhaltensweisen ab mit positiver oder negativer Verstärkung, je nach Methode. Es findet wenig Ursachenanalyse statt. Manche von ihnen betrachten einen Hund auch stark rasseorientiert („naja, das ist ja auch ein Hütehund“). Oder triebgesteuert („der ist ja nicht kastriert“…). Oder schlichtweg verkorkst („der war ja drei Jahre lang im Zwinger eingesperrt!“).

Tierkommunikatorinnen betrachten jedes Wesen individuell und gestehen ihm zu, dass es durch verschiedene Stadien einer persönlichen Entwicklung geht und dass diese auch veränderbar ist. Von Natur aus ist ganz sicher kein Geschöpf böse! Zunächst sollte man mal fragen warum ein Hund überhaupt aggressiv daher kommt. Ist er wirklich wütend oder ist es nicht eher Angst und Unsicherheit, die ihn bissig werden lassen? Und wer oder was macht denn den Hund sauer und wütend oder unsicher und ängstlich?

Genau dies kann man in einer Tierkommunikation herausfinden.

Geübte Tierkommunikatorinnen versetzen sich in den Hund hinein und erleben quasi von innen heraus, wie es sich für den Hund anfühlt, in der schwierigen Situation zu sein. Sie bekommen ein Gefühl dafür, wie der Hund sich grundsätzlich in seinem Körper fühlt und welche Gefühle er seinen Menschen entgegenbringt.

Wie er sich in seinem Zuhause fühlt. Mit welchen Gefühlen der Hund beim Spaziergang konfrontiert wird. Was in ihm passiert, wenn er sein Hassobjekt (Hund, Katze, Mensch etc.) trifft.

Wir finden heraus, woran den Hund diese Situation erinnert. Der Hund zeigt manchmal, wie sein Besitzer reagiert, wenn die Konfliktsituation auftritt und wie sich das für ihn, den Hund, anfühlt. Häufig passieren viele Auslöser bereits, bevor die Situation eskaliert. Ein plötzlicher Schweißausbruch beim Besitzer zum Beispiel oder wenn die hektik und Furcht, die aufkommt, wenn dieser versucht,  der Situation durch eine Seitenstraße zu entkommen… 😉

Der Hund gibt an, wie oft er überhaupt (noch) ausgeführt wird und ob er überhaupt jemals sozialisiert wurde. Ob er jemals in den Genuss kam, sein „Hassobjekt“ wie andere Hunde oder Katzen in Ruhe kennen zu lernen. Der Hund gibt manchmal auf Nachfrage an, was er sich wünschen würde oder was ihm im Leben fehlt.

Leider ist dies nicht immer der Fall, da aggressive Hunde oft auch emotional stark blockiert sind. Häufig sind sie wirklich innerlich stark zerrüttet und angstgesteuert. Mit aggressiven Hunden ist es manchmal schwer, ein vernünftiges „Tiergespräch“ zu führen. Vielfach erleben sie keine Geborgenheit oder Stabilität im Umfeld und haben einen eklatanten Mangel an einem beschützten Lebensgefühl oder Grundwohlsein.

Aus dieser Bestandsaufnahme heraus kann der Tierkommunikator dann sein Protokoll schreiben oder seine Beratung ableiten. Viele Tierkommunikatoren gehen gar nicht so weit, sondern berichten in einer telefonischen Lifekommunikation dann nur wenige Einzelheiten, die vom Hund life übertragen werden und sparen sich eine Beratung. Das macht jeder so wie er es mag oder es gelernt hat.

Bei mir gibt es immer eine schriftliche Zusammenfassung und ein Beratungstelefonat. Ganz einfach, weil ich dies so für mich richtig finde und selbst von einem Tierkommunikator erwarten würde.

In meinen Tierkommunikationen, die ich mit Besitzern von aggressiven Hunden geführt habe, traten fast immer die meisten der folgenden Muster hervor:

  • Der Besitzer/ die Besitzerin ist ein freundlicher, wenig resoluter Mensch und sehr nett zum Hund (vielleicht Tierschützer)
  • Der Besitzer geht Streit und Konflikten lieber aus dem Weg und neigt dazu, sich mit dem aggressiven Verhalten des Hundes irgendwie zu arrangieren oder entwickelt Vermeidungsstrategien  (Er sagt nicht: „so geht es auf keinen Fall weiter“)
  • Der Besitzer hat dem Hund gegenüber häufig ein schlechtes Gewissen (weil er nicht genug Zeit für ihn hat, weil er manchmal schimpft oder weil der Hund nicht von der Leine darf etc.)
  • Der Hund wurde meistens nicht in Hundegruppen ausreichend sozialisiert
  • Der Hund hört meist auch ansonsten nicht besonders gut auf den Besitzer, weil dieser auch das nicht trainiert
  • Der Hund zeigt das Problemverhalten häufig schon sehr lang
  • Der Hund kommt wenig raus und wird insgesamt wenig beschäftigt
  • Der Hund bekommt industriell stark verarbeitete Nahrung
  • Manchmal gibt es im Umfeld des Hundes familiäre Probleme
  • Der BEsitzer ist sich oft nicht klar darüber, wie ernst das Problem ist. Ein Hund der beißt, kann Menschen verletzen und steht immer mit einer Pfote auf der Schwelle der Euthanasie.

Bei Hunden, die aus dem Tierschutz übernommen wurden, liegt der Fall natürlich häufig anders. Ebenso bei Hunden,  die scharf gemacht wurden oder zum Schutzhund ausgebildet wurden. Hierzu kann ich keine Aussage treffen, da solche Menschen sich normalerweise nicht an Tierkommunikatoren wenden, denn sie halten aggressives Verhalten für normal oder sogar wünschenswert und leben damit, den Hund durch Abschottung im Zwinger oder Stachelhalsband vor sich selbst zu schützen.

Zusammenfassend muss man nochmal betonen:

Kein Hund zeigt ohne Grund ein aggressives Verhalten! Es gibt immer einen tiefer liegenden Grund, eine Ursache. Wenn es nicht anerzogen wird, so handelt es sich meist um ein Angstthema. Dies herauszufinden kann man als Aufgabe einer Tierkommunikatorin betrachten.

Lösungsmöglichkeiten für aggressive Hunde

Kann man einem Gewalttäter in einem Gespräch unter vier Augen klar machen, dass er besser nicht mehr zuschlagen sollte, sondern seine Konflikte künftig verbal lösen soll? Einen Versuch ist es Wert, aber wie hoch sind die Erfolgsaussichten für eine nachhaltige Verhaltensänderung, wenn der gute Mann nicht gleichzeitig auch Sozialtrainings macht? Sich in Selbsthilfekursen engagiert? Seine Kindheitstraumata aufarbeitet, evtl. Abhängigkeiten von Drogen aufgibt etc.??

Ebenso kann man den aggressiven Hund nicht ohne geeignete Trainingsmaßnahmen über ein Tiergespräch umpolen. Der aggressive Hund muss zumeist verschiedener Veränderungen im Umfeld erfahren (und diese Veränderung muss sein Mensch anstossen):

  • Klare, freundliche, aber konsequente Führung durch seinen Menschen (der Mensch darf seine eigenen Unsicherheiten nicht mehr auf den Hund übertragen)
  • Der Mensch muss sich klar machen, inwieweit sein eigenes Leben und Verhalten und Denken den Hund beeinflusst haben. Er muss den Wunsch entwickeln, dass sich die Dinge ändern! Ändert sich der Mensch, ändert sich der Hund.
  • Am besten macht sich der Hundebesitzer klar, was der Hund ihm mit dem aggressiven Verhalten spiegelt. Vereinfacht gesagt, setzt sich ein aggressiver Hund gegen „Umschuldige“ zur Wehr. Und er übernimmt – ungefragt – den Schutz des Besitzers. Vielleicht sollte sich der Besitzer des Hundes sich ja an irgendeiner angemessenen Stelle in seinem Leben selbst mal wehren und „Nein“ sagen? Sich selbst besser schützen?
  • Probleme und Streit im Umfeld/ in der Familie lassen sich nicht immer vermeiden. Aber es ist dafür zu sorgen, dass der Hund trotzdem ausreichend versorgt und auch emotional betreut wird. Wenn das nicht geht, hat der Hund vielleicht ein anderes – für ihn besseres! –  Zuhause verdient. Es ist immer noch besser, den Hund an einen erfahreneren Besitzer abzugeben, als dass er vielleicht irgendwann eingeschläfert werden muss!
  • Der Hund sollte ebenso frische Nahrung bekommen, wie wir Menschen. Stark industriell verarbeitete Nahrung kann Hunde aggressiv und krank machen.
  • Schluss mit Schuldgefühlen dem Hund gegenüber. Kein Tier hat ein schlechtes Gewissen verdient. Tiere können Schuldgefühle nicht verstehen und einordnen, es verunsichert sie!

Am Ende muss man einsehen, dass das Thema „aggressive Hunde“ sehr komplex ist. Der bissige und aggressive Hund spiegelt den Menschen und manchmal auch die ganze familiäre Situation.

Man kann durch Verhaltenstherapie und Training zwar einiges an Symptomverbesserung erreichen, aber nicht alle Ursachen beseitigen. Der Tierkommunikator kann Ursachen herausfinden und Befindlichkeiten oder Zusammenhänge eruieren. Wunder bewirken und den Hund in einer Tierkommunikation vom neurotischen Beißer zum sanften Spielkameraden machen- das kann er oder sie meistens leider nicht. Die Chance, die Gesamtsituation so zu verändern, dass es allen Beteiligten besser geht und der Hund nicht mehr beißen muss, sollte unbedingt ergriffen werden.